Montag, 09.10.
Torsten Nagel (Regionale Beratung gegen Rechtsextremismus, AWO Schleswig – Holstein e.V.)
Dr. Ulf Ickerodt (Archäologisches Landesamt Schleswig – Holstein)
Grußworte:
Wolfgang Baasch (Landesvorsitzender Arbeiterwohlfahrt Schleswig – Holstein e.V.)
Prof. Dr. Claus von Carnap-Bornheim (Leitender Direktor Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie)
Martin Langebach (Referent der Bundeszentrale für politische Bildung)
Dr. Christian Meyer-Heidemann (Landesbeauftragter für politische Bildung Schleswig – Holstein)
Eröffnungsvorträge:
Blutrünstige Krieger oder friedliche Händler? Forschungsströmungen in der Archäologie der Wikingerzeit
Dr. Sven Kalmring (Zentrum für baltische und skandinavische Archäologie)
Die extreme Rechte und ihr Zugriff auf die Geschichte
Priv. Doz. Dr. Gideon Botsch (Emil Julius Gumbel Forschungsstelle Antisemitismus und Rechtsextremismus (EJGF) Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien – Universität Potsdam)
1. Workshopphase (Parallele Arbeitsgruppen – Inputorientiert)
Workshop 1.1: Wie authentisch ist authentisch? Wikinger und andere Rezeptionen als Pose
Dr. Ulf Ickerodt (Archäologisches Landesamt Schleswig – Holstein)
Jan Raabe (Verein Argumente & Kultur gegen Rechts e.V.)
Wikinger sind Pop. Der Rückgriff oder die Darstellung von Wikingern ist höchst aktuell. Sei es als Ausstellungsthema von Museen, aber auch in Filmen und Serien oder im Bereich des Reenactments – dem Nachstellen historischer Situationen. Doch welche Bilder der Wikinger werden dabei gezeigt oder erzeugt? Warum sind diese Bilder anscheinend so anziehend für Rechtsextreme? Und wie verhalten sich diese Bilder zu dem, was die Wissenschaft über das Leben der Wikinger zu berichten weiß? Im Rahmen des Workshops werden unterschiedliche Bilder bearbeitet und diese auf ihren historischen Gehalt, ihre Wirkung und die Intention ihrer Schöpfer hin untersucht.
Workshop 1.2: Völkische Geschichtspolitik: Wikinger- und
Germanenrezeption in Nationalsozialismus und modernem Rechtsextremismus
Prof. Dr. Ute Halle (Universität Bremen, Abteilung Ur – und Frühgeschichte)
Andreas Speit (Journalist / Autor)
Beziehen sich heutige Rechtsextreme auf Wikinger und Germanen, so werden diese meist als edle Kämpfer, durchtrainiert und blauäugig, dargestellt. Der mit diesem Bild einhergehende Bezug auf eine vermeintlich überlegene „Nordrasse“ eint große Teile der rechtsextremen Bewegung und ist untrennbar verbunden mit dem im Nationalsozialismus betriebenen Wikingermythos. Doch wie wurde dieser Mythos im Nationalsozialismus geschaffen? Welche Rolle spielte dieser für die nationalsozialistische Ideologie? Und welche Kontinuitätslinien lassen sich von der NS-Zeit bis zur heutigen extremen Rechten verfolgen? Der Workshop will diese Kontinuitäten herausarbeiten und der Frage nachgehen, inwieweit die Wikingerbilder der heutigen extremen Rechten in direkter Tradition hierzu stehen.
Workshop 1.3: Neopagane Religiosität – und ihre wikingerzeitlichen Vorbilder
Prof. Dr. Rudolf Simek (Rheinische Friedrich-Wilhelms Universität Bonn, Abteilung für Skandinavistik)
Dr. Matthias Pöhlmann (Beauftragter für Sekten – und Weltanschauungsfragen der Evang.-Luth. Kirche in Bayern, München)
Was glauben die Anhänger_innen extrem rechter Organisationen, wenn sie sich auf Wotan und Odin berufen? Welche gesellschaftliche Utopie steckt hinter den religiösen Vorstellungen von Organisationen wie der „Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung“ oder den verschiedenen Ásatrú-Gemeinschaften? Welche (persönlichen) Heilsvorstellungen verbinden Asen-Gläubige mit ihrem Glauben? Wie verhält sich dieser Glauben zu den historischen Vorbildern, den Nordgermanischen Religionen? Wissen wir, was die Wikinger glaubten? Gab es überhaupt einen gemeinsamen Glauben der Wikinger? Neben der Beschäftigung mit diesen Fragen soll in dem Workshop auch darüber diskutiert werden, ob ein Anknüpfen an germanische Religionen immer rechts konnotiert sein muss.
Workshop 1.4: Starke Krieger, sorgende Mütter? Rechtsextreme Rollenbilder und ihre Bezüge auf wikingerzeitliche Gesellschafts(re)konstruktionen
Dr. Doris Gutsmiedl-Schümann (Freie Universität Berlin, Institut für Prähistorische Archäologie)
Daniela Kost (Regionales Beratungsteam gegen Rechtsextremismus Lübeck)
Dem „Geschlecht“ kommt eine wichtige Bedeutung in der Konstruktion der Gesellschaft zu. Mittels Rollenzuschreibungen werden Tätigkeitsbereiche und gesellschaftliche Hierarchien gesetzt. Während ein einfacher Blick in die extreme Rechte, vor allem deren jugendlichem Bereich, den Eindruck vermittelt, es handle sich beim Phänomen der extremen Rechten um ein männliches, so zeigt ein genauerer Blick, dass hier verschiedene konkurrierende Konzepte propagiert werden. Das des Männerbundes und das der Sippengemeinschaft, in der der Frau Teilhabe an vielen oder gar allen gesellschaftlichen Bereichen zugestanden wird. Sowohl in der Konstruktion der „emanzipierten“ rechten Frau als auch in der Konstruktion des rechtsextremen Männerbundes wurde und wird sich mitunter auch auf die Geschlechterverhältnisse der Wikinger bezogen. In dem Workshop soll sich mit der Wirkmächtigkeit von Geschlechterrollen und den historischen Kontinuitäten auseinander gesetzt werden. Warum sind tradierte Rollenvorstellungen wieder populär und warum schafft es die extreme Rechte, ihre Vorstellungen von Zweigeschlechtlichkeit und Familie in den gesellschaftlichen Diskurs zu bringen?
Workshop 1.5: Vikingrock und Thorshammer: Wikingerbilder in der rechtsextremen Musik- und Jugendkultur
Prof. Dr. Benno Hafeneger (Philipps – Universität Marburg, Fachbereich Erziehungswissenschaften)
Dr. Niels Penke (Universität Siegen, Germanistisches Seminar)
Seit den 1980er Jahren ist Rock-Musik und Popkultur zu einem der wichtigsten Trägermedien für extrem rechte Ideologie geworden. Um die Musik herum haben sich jugendkulturelle Szenen gebildet, welche Lebensgefühl, Ideologie und Gemeinschaft vermitteln. Anfangs waren das der Streetpunk und die Skinhead-Szene, heute hat sich rechtsextreme Musik diversifiziert und wir finden Rock, Metal, Liedermacher, Hardcore und auch Rap und Dark-Wave mit extrem rechten Inhalten und Bezügen. Bei der Vermittlung von Identität und Ideologie greifen diese extrem rechten Teile der Jugendkulturen oftmals auch auf Elemente der Wikinger/Germanen zurück. Sei es in der Anrufung von Odin und Wotan, in Cover-Bildern oder in T-Shirt-Motiven. Im Workshop wird sich zunächst mit zeitgenössischer rechtsextremer Musik und ihrer Rolle in rechtsextremen Jugendkulturen auseinandergesetzt. Anschließend soll der ideologische Hintergrund der dort verwendeten Wikingerbilder herausgearbeitet und die Verwendung der dahinterstehenden Sinn- und Identitätsbildungsprozesse dechiffriert werden.
Vortrag Geschlechterkonstruktionen im Neonazismus
Enrico Glaser (Fachstelle Gender und Rechtsextremismus / Amadeu Antonio Stiftung)
Podiumsdiskussion „Wikinger mit Hakenkreuz? Wie authentisch muss eine lebendige Vermittlung von Geschichte sein?“
Moderation: Dr. Henning Haßmann (Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege)
Podium: Ute Drews (Wikinger Museum Haithabu), Ralf Hoppadietz (Archäologe, Universität Leipzig), Jörg Nadler (Historischer Fischer)
Nordmänner goes Walhalla – ein Best of Wikingerfilme*
Dr. Ulf Ickerodt (Archäologisches Landesamt Schleswig – Holstein)
Torsten Nagel (Regionale Beratung gegen Rechtsextremismus, AWO Schleswig – Holstein e.V.)
Dienstag 10.10.
Vortrag: Völkische Ideologie zwischen Wikingerkult und Rechtsextremismus
Dr. Ingo Wiwjorra (Germanisches Nationalmuseum)
2.te Workshopphase ( Parallele Arbeitsgruppen – Praxisorientiert)
Workshop 2.1: Was tun bei rechtsextremen Vereinnahmungsversuchen im Reenactment und bei Museumsveranstaltungen?
Ute Drews (Wikinger Museum Haithabu)
Ralf Hoppadietz (Archäologe, Universität Leipzig)
Durch das Nachstellen historischer Szenen oder Alltagssituationen – dem sogenannten Reenactment – soll Geschichte erlebbar gemacht werden. Doch bei Wikingertagen oder/und –treffen tauchen auch immer wieder Symbole auf, die Bezüge zur extremen Rechten oder dem historischen Nationalsozialismus aufweisen. Auf rechtsextremen Homepages und in rechtem Liedgut wiederum finden sich noch eindeutigere Versuche, Wikinger und Germanen rechtsextrem zu vereinnahmen. Doch wie kann ein adäquater Umgang mit solchen Vorkommnissen aussehen? Bietet eine historisch authentische Darstellung des Lebens von Wikingern und Germanen Schutz vor rechtsextremer Unterwanderung? Und wie kann adäquat reagiert werden, wenn rechtsextreme Symbole auf Veranstaltungen auftauchen? Der Workshop möchte Handlungsideen für den praktischen Umgang mit rechtsextremen Vereinnahmungsversuchen entwickeln.
Workshop 2.2: Vergangenheit trifft Gegenwart – Runen, Symbole und Codes im Rechtsextremismus
Priv. Doz. Dr. Alexandra Pesch (Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie)
Kristin Kröckel (Regionales Beratungsteam gegen Rechtsextremismus Itzehoe)
Auf den T-Shirts steht „Victory or Walhalla“ oder „Rise of the Vikings”, auf der Wade sind Runen tätowiert: Rechtsextreme Marken und Symbole beziehen sich häufig auf die Wikinger, die Germanen oder was dafür gehalten wird. Doch welche Symboliken sind überhaupt problematisch? Welche Zeichen sind zwar historisch authentisch, aber heutzutage trotzdem nicht vom Nationalsozialismus zu trennen? Welche Kleidungsmarken weisen rechtsextreme Bezüge auf und welche zeugen nur von der Begeisterung für vermeintliche Wikingerwelten? Der Workshop möchte interaktiv, spielerisch und praxisbezogen rechtsextreme Codes und Symbole verhandeln und dabei auch eventuelle Unterschiede in der Nutzung solcher Zeichen durch unterschiedliche rechte Gruppierungen herausarbeiten.
Workshop 2.3: Neopaganismus und Rechtsextremismus: Vorstellungen, Praktiken, Rituale. Kritische Auseinandersetzung und Hilfestellungen.
Dr. Matthias Pöhlmann (Beauftragter für Sekten – und Weltanschauungsfragen der Evang.-Luth. Kirche in Bayern, München)
Jan Raabe (Verein Argumente & Kultur gegen Rechts e.V.)
Was hat es mit dem Julfest auf sich? Was war die Agenda hinter der Umdeutung christlicher Feiertage im Nationalsozialismus? Glauben Teilnehmer_innen von Sommersonnenwenden wirklich an germanische Götter oder steht eher das Gemeinschaftserlebnis im Vordergrund? In diesem Workshop soll sich zunächst mit Praktiken und Ritualen auseinandergesetzt werden, die Schnittmengen zu völkischer und rechtsextremer Ideologie aufweisen. Anschließend soll ein Blick auf mögliche Umgangsweisen mit solcherlei Veranstaltungen geworfen werden. Sind Feiern von Sommer- oder Wintersonnenwende zwangsläufig rechtsextrem? Wie kann reagiert werden, wenn eine solche Feier in der eigenen Gemeinde angemeldet wird?
Workshop 2.4: Attraktive Mythen. Möglichkeiten einer geschlechterreflektierten Arbeit gegen Rechtsextremismus.
Enrico Glaser (Fachstelle Gender und Rechtsextremismus / Amadeu Antonio Stiftung)
Dr. Michaela Helmbrecht (Ausstellungsbüro Archäotext)
Rechtsextreme Männlichkeitsvorstellungen basieren in der Regel aber nicht nur auf soldatischen Werten. Mit dem Mythos des auserwählten und kriegerischen Männerbundes setzen sich Neonazis in einen historischen Zusammenhang. Kriegerbilder von als „Urahnen der weißen Rasse“ imaginierten Gruppen dienen dabei häufig als Identifikationsfiguren. Das wird ergänzt vom Bild der „deutschen Mutter“ als ein mögliches Identifikationsmoment für Frauen. Mit beiden wird sich mitunter auch auf die Geschlechterverhältnisse der Wikinger bezogen. Im Workshop soll sich mit den Möglichkeiten einer geschlechterreflektierenden Arbeit gegen Rechtsextremismus auseinandergesetzt werden. Dabei soll auch die Anschlussfähigkeit und Attraktivität rechtsextremer Vorstellungen zu Geschlecht diskutiert werden sowie deren Anschlussfähigkeit an den Mainstreamdiskurs, insbesondere im Bereich der populären Darstellung von Wikingern und Germanen.
Workshop 2.5: Grauzone: Rechtsoffene Bands in Metal, Viking Rock und Nordic Folk
Dr. Niels Penke (Universität Siegen, Germanistisches Seminar)
Till Stehn (Regionales Beratungsteam gegen Rechtsextremismus Itzehoe)
Spielarten wie Viking Metal, Viking Rock, Pagan Metal und Nordic Folk sehen sich immer wieder Vorwürfen ausgesetzt, rechtsextremes Gedankengut zu befördern. In dem Workshop soll zunächst betrachtet werden, was diese Musikrichtung ausmacht, inwieweit sie tatsächlich rechtsextrem unterwandert ist, und inwieweit auch nicht dezidiert rechtsextreme Bands problematische Textinhalte transportieren. Anschließend soll darüber diskutiert werden, wie ein adäquater Umgang mit rechtsoffenen Bands aussehen kann. Sollten Bands mit zweifelhaften Texten von Festivals und Wikingertagen fern gehalten werden? Oder gilt dies nur, wenn diese eindeutig der rechten Szene zugehörig sind? Reicht eine Distanzierung der Bands aus?
Exkursion nach Haithabu
Für Interessierte bieten wir eine geführte Exkursion in Haithabu an.